Dr. habil. Jürgen Große geb. 1963 in Berlin; Musikschule: Ausbildung zum Akkordeon-Solisten, später Lehre als Schriftsetzer, Wehrdienst, Pressevolontariat, Lektor in verschiedenen Verlagen. 1986–1992 Studium der Geschichte und der Philosophie an der Humboldt-Universität sowie der Freien Universität Berlin, 1996 Promotion, 2005 Habilitation, Lehraufträge für Philosophiegeschichte, akademische Gastaufenthalte im Ausland, seit 2006 freier Autor.
Veröffentlichungen:
Essays in Literatur- und Kulturzeitschriften (Sinn und Form, Weimarer Beiträge, Dialektik, Konkursbuch u. a.)
Aphorismen in der blaue reiter – Journal für Philosophie (s. auch www.omegaverlag.de), zeno – Jahrheft für Literatur und Kritik (s. auch www.zeno-jahrheft.de), Mein heimliches Auge – Erotisches Jahrbuch u. a. Zeitschriften
Libretto für die Oper Shah Mat von Silvia Fomina (Erstaufführung Stuttgart 1999, weitere Aufführungen: Witten, Madrid, Auftrag der Salzburger Festspiele)
Bücher (Auswahl):
Aus Zeit und Geschichte (Roderer: Regensburg, 2000)
Der letzte Tag der Leidenschaft ist angebrochen, wenn man dem ersten Eindruck recht geben muß. Was dazwischen lag? Leidenschaftlicher Kampf gegen den ersten Eindruck!
Weniger der Reichtum an Banalitäten als der Restgeruch von Macht ist es, was an Politikermemoiren verdrießt. Wer das Sagen hatte, sollte aufs Schreiben verzichten können.
Unerwünschte Zusendung (VII). – Wenn nichts mehr ergreifend und alles nur noch interessant ist, greifen rechtzeitig Leute ein, die wissen, wofür man sich interessieren muß.
Unerwünschte Zusendung (IX). – „Ich habe Ihre neueste Novelle erhalten, die, wenn sie auch keine Neuigkeiten enthält, die Neugierigen doch vollauf befriedigen wird.“
Die Kränkungen aus gegenseitigem Glücksanspruch in der modernen Ehe ersetzen die Erniedrigungen aus materiellem Versorgungsanspruch in der traditionellen Ehe.
Wer den Wunsch nicht kennt, einen säumigen Verleger, sagen wir: fünf Jahre, auf ein Antwortschreiben warten zu lassen, der weiß nicht, was Autorschaft bedeutet.
Es gibt eine Faszination durch geistige Blender, durch Pseudopoeten, -gelehrte, -philosophen, die sich ihrerseits nicht als Blendung abtun läßt. Sie hat keine Parallele in der Faszination durch echte Poeten, Gelehrte, Philosophen, aber auch nicht in der Faszination durch blendende Persönlichkeiten aus anderen, vielleicht schlichteren Berufen. In diesen ist es manchmal notwendig, sich von sich selbst überzeugt zu zeigen, um die Welt von etwas Größerem überzeugen zu können, als man selbst ist. Der Selbstbetrug ist dabei flüchtig und sekundär. Ganz anders die geistige Betrügerei! Sie ist primär Selbstbetrug, eine Rolle, die der Möchtegerndichter, -forscher, -denker ständig vor sich selbst spielt. Der Scheinschöpferische weiß von Anbeginn genauestens, als was er erscheinen will. Er erfährt niemals, wer er ist. Sein Drama und seine Posse sind die des Geistes selbst. Dessen Wesen bleibt unberührt von der Frage, ob es Spiegelung oder Schöpfung sei. Für einen Augenblick gleicht der Blender somit dem, was er den anderen vor Augen stellt; er gleicht diesem leuchtenden, flüchtigen Ding, dem Blendwerk Geist. Gebannt erwartet die Welt den Augenblick, da der Blender samt seinem Werk verlischt.
Man zaudert, einen literarisch hoffnungslosen Fall über seinen Zustand aufzuklären, man verhält sich wie gewisse Ärzte. Und könnte doch wenigstens die lesende Umwelt jenes unheilbar Unbegabten retten!
Zeitgenössische Romanbewerbung: „N. S. durchleuchtet scharfzüngig und bitterböse, aber auch humorvoll unsere heutigen Zustände. Kein Blatt nimmt sie vor den Mund, wenn sie die verschiedensten Lebensentwürfe von den Nachkriegskindern bis zur Generation Z aus ganz unterschiedlichen Milieus schonungslos auseinandernimmt. Wie kann man in einer von Regeln und Normen durchdrungenen Welt frei leben? Vor nicht weniger als dieser Frage steht die fast xxx-jährige N. S., die sämtliche beruflichen und privaten Erwartungshaltungen von sich fernhält. Sie hat ihren sicheren Job geschmissen und lehnt sich mehr kellnernd als studierend nonchalant gegen die unsägliche Erbsenzählerei auf. Karriere, Ehe, Kinder, Eigenheim – das sind für sie belanglose Statussymbole, die andere von der Soll- zur Haben-Seite aufsummieren. Immer wieder durchbricht N. S. die Schranken der neoliberalen Leistungs- und traditionellen Wertegesellschaft und entzieht sich den vorgegebenen Lebensentwürfen. Aber wie lassen sich Ideal und Wirklichkeit miteinander vereinbaren, wenn die Gefühlswelt zu ihrem fast doppelt so alten Partner XX durcheinandergerät oder sie die ‚Stieftussi‘ für dessen 31-jährigen Sohn XY spielen und Verantwortung übernehmen muß? Ein Roman über die Ökonomie von Liebe und Sexualität, über die Fallstricke der Freiheit und die Kunst, keine Entscheidungen zu treffen.“
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