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Der Künstler, der von der Vollkommenheit am weitesten entfernt ist, wird naturgemäß das wenigste Gefühl für seinen Abstand von ihr haben: er hat es leichter, unbekümmert und selbstbewußt zu sein. Wer der Vollkommenheit näherkommt, fühlt ihre Nähe und wird sich seines noch so kleinen Abstandes mit schmerzlicher Klarheit bewußt: er erst lernt in Wahrheit, bescheiden sein.
Quelle: "Besinnungen." Paul List, München - 1947
Ein Turm muß «Ausschlag» haben, sonst bricht ihn der Sturm; eine Brücke muß federn, sonst bricht sie die Last; alles, was Körper heißt, besteht aus Atomen, die wie Bausteine durch Zwischenräume getrennt sind. Nichts ist fest. Fest und flüssig sind keine Gegensätze, nur Grade. Alles dies ergibt eine Lehre für das innere Leben des Menschen: Vermeide es, absolut zu denken, zu urteilen. Bedenke die Relativität aller Dinge. Laß allem, was du tust oder beurteilen willst, einen gewissen Spielraum, den du dir gesetzt denkst zwischen dem Ding, wie du es siehst, und dem Ding, wie es in Wahrheit vielleicht sein mag oder werden kann. Mäßige, bändige alles allzu Absolute, Bestimmte deines Wesens. Erhalte zwischen Ja und Nein in dir immer den Spielraum, der genannt wird: Demut, Erwartung, Empfänglichkeit für das Unbekannte - Unnennbare.
Quelle: "Besinnungen." Paul List, München - 1947
Welche Kraft des Widerstrahlens muß wohl dann ein einziges Menschenherz besitzen?!
Quelle: "Besinnungen." Paul List, München - 1947
Der Sinn der Ruhe ist: Erfülltsein von allem.
Quelle: "Besinnungen." Paul List, München - 1947
Das Menschenantlitz als solches hat in seiner Unergründlichkeit für den wahrhaft ernsten Beschauer etwas Grauenerregendes, das ihn zurückweichen läßt. Nur wenn eine der beiden Hüterinnen des Innern, Güte oder Liebe, an den Pforten des Auges erscheint, wagt er, sich zu nähern.
Quelle: "Besinnungen." Paul List, München - 1947