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Alles ist eins
(Einmal, am Rande des Hains)
Einmal, am Rande des Hains,
stehn wir einsam beisammen
und sind festlich, wie Flammen -
fühlen: Alles ist Eins.
Halten uns fest umfaßt;
werden im lauschenden Lande
durch die weichen Gewande
wachsen wie Ast an Ast.
Wiegt ein erwachender Hauch
die Dolden des Oleanders:
sieh, wir sind nicht mehr anders,
und wir wiegen uns auch.
Meine Seele spürt,
daß wir am Tore tasten.
Und sie fragt dich im Rasten:
Hast Du mich hergeführt?
Und du lächelst darauf
so herrlich und heiter
und: bald wandern wir weiter:
Tore gehn auf.
Und wir sind nicht mehr zag,
unser Weg wird kein Weh sein,
wird eine lange Allee sein
aus dem vergangenen Tag.
Liebeslied
Wie soll ich meine Seele halten,
daß sie nicht an deine rührt?
Wie soll ich sie hinheben
über dich
zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie
bei irgendwas Verlorenem
im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle,
die nicht weiterschwingt,
wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles,
was uns anrührt,
dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
Oh - süßes Lied …
Und so, mein Liott, ist jede Nacht, Immer sind welche aufgewacht, Die gehn und gehn und dich nicht finden.
Ich sehne oft nach einer Mutter mich, Nach einer stillen Frau mit weißen Scheiteln. In ihrer Liebe blühte erst mein Ich.
So wie ein Traum scheint’s zu beginnen, Und wie ein Schicksal geht es aus.
Wir sind die Treibenden.
Aber den Schritt der Zeit,
nehmt ihn als Kleinigkeit
im immer Bleibenden.
Alles das Eilende
wird schon vorüber sein;
denn das Verweilende
erst weiht uns ein.
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
Künstler sein, heißt: nicht rechnen und zählen, reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne die Angst, daß dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch. Aber er kommt zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos, still und weit.
Quelle: "Weisheiten der Welt." Herausgegeben von Alfred Grunow. Bd. 1. Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung, Berlin
Immer ist es Welt
(aus: Die achte Elegie)
Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,
den reinen Raum vor uns, in den die Blumen
unendlich aufgehn. Immer ist es Welt
und niemals Nirgends ohne Nicht: das Reine,
Unüberwachte, das man atmet und
unendlich weiß und nicht begehrt.