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S wie Schwein

Nicht von ungefähr tituliert der Mensch diejenigen seiner Artgenossen, die in seiner persönlichen Wertschätzung tief unten stehen oder tief gefallen sind, mit dem abwertenden Begriff ‚Schwein’. Dabei dürfte es den meisten, die sich dieses Wortes in eben der Bedeutung bedienen, kaum klar sein, wie sehr sie den sprichwörtlichen Nagel damit auf den Kopf getroffen haben.
Tatsächlich ähnelt das Schwein dem Menschen wie kein anderes Tier, man könnte es wahrhaftig als eine gelungene, lebendige Karikatur des Menschen bezeichnen. Und es sind nicht nur reine Äußerlichkeiten wie die blaßrosa Hautfarbe, die Schweinsäuglein, der ausdrucksstarke Kopf, der Schmerbauch und so weiter, die die Ähnlichkeit von Mensch und Schwein ausmachen, man denke weiter nur an den zügellosen Appetit, die Freßsucht, die beiden zu eigen ist oder an das Sexualverhalten. Und das Sodomie vorwiegend mit Schweinen praktiziert wird, dürfte nun auch niemanden mehr verwundern.
Die verwandtschaftlichen Verhältnisse von Mensch und Schwein sind also von exorbitanter Intimität und hervorstechender Deutlichkeit. Diese Verwandtschaft erstreckt sich bis in die Bereiche der Biochemie und Genetik, experimentiert die Medizin doch bereits mit Organen von Schweinen, die man dem Menschen implantieren könnte.
Das Verzehren von Schweinefleisch stellt – unter diesen Gesichtspunkten betrachtet – ganz klar eine Vorstufe des Kannibalismus dar, der ja auch im Schweinestall durchaus an der Tagesordnung ist.
Aus allen diesen Tatsachen aber nun auch noch eine enge charakterliche Beziehung zwischen Mensch und Schwein zu konstruieren, hieße, die an und für sich ehrenwerte Tierart Schwein zu beleidigen.


Quelle: "Fletcher's Zynisches Wörterbuch oder Zaungarstige Gedanken"
© Werner Fletcher
Werner Fletcher