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Norbert Wokart

* 30.08.1941


Am 27. August wurde Hegel geboren, am 28. Goethe, am 29. machte der Weltgeist eine schöpferische Pause, und am 30. August des Jahres 1941 erblickte ich das Licht der Welt. Das erfreuliche Ereignis fand Schlag fünf Uhr in der Frühe statt und zwar in Neustadt an der Weinstraße, in einer Gegend, die sich durch derb-fröhliche Menschen, viel Sonne und noch mehr Wein auszeichnet, womit schon viel gesagt ist. Auch die Sterne standen günstig, nämlich am Himmel, und so ging alles Weitere seinen geregelten Gang.

Die Nachkriegszeit und die Volksschule hinterließen in meinem zerebralen Bildungszentrum nur geringe Spuren, im Unterschied zum humanistischen Gymnasium, das mich dadurch prägte, dass ich seither nicht mehr von den Griechen loskam, insbesondere nicht von ihrer Literatur und Kunst und schon gar nicht von der Philosophie, die ich anschließend in Marburg, Wien, Würzburg und Tübingen studierte, bis ich mit einer Arbeit über Merleau-Ponty bei Prof. Ulmer in Tübingen in den heiligen Stand eines Dr. phil. aufgenommen wurde.

Nach mehreren Arbeitsjahren an der PH in Lörrach und in einem wissenschaftlichen Institut in Tübingen machte ich mich (nach der beschönigenden Redeweise unserer Tage) als freier Autor selbständig, und so habe ich von damals bis heute meine Karriere stets vor mir gehabt.

Eine meiner Hauptbeschäftigungen ist es, in der Welt herumzureisen, dabei in allen möglichen Kaffees und Kneipen zu sitzen und das Leben meiner Zeitgenossen zu studieren und getreulich aufzuzeichnen, was dazu geführt hat, dass etwas von mir bleiben wird, nämlich neben einer Menge wissenschaftlicher Aufsätze, ein paar womöglich schlaue Bücher: "Ent-Täuschungen" (1991) zum Beispiel oder "Antagonismus der Freiheit. Wider die Verharmlosung eines Begriffs" (1992), "Die Sandalen des Empedokles. Eine kleine Philosophie des Alltags" (2001), "Treibgut" (2005) und "Schilfrohr. Aufzeichnungen 1981-2006" (2007).

Sollte es Gott nicht stören, dass ich nicht an ihn glaube, wird er mir vielleicht noch die Jahre zubilligen, die es braucht, bis ich mein Opus magnum zu Stande gebracht und in Druck gegeben haben werde. Dann werden womöglich auch Sie zugeben müssen: "Na ja, viel ist´s eben nicht, aber etwas schon!"

Foto des Autors: Norbert Wokart
Quelle & Rechte:
aphoristiker-archiv.de

Zitate von Norbert Wokart

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Wenn sich im Alter der Bezug zur Welt ein wenig lockert, merkt man, wie fremd man sich das ganze Leben über war. War der, der lebte, der, für den man sich hielt?


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Die Ausdrücke: moi, soi, piqûre, trait machen zusammen keinen Sinn. Das tun sie auch im Deutschen nicht, aber da ergeben sie wenigstens eine hübsche akustische Reihe: ich, sich, Stich, Strich.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Schwäne auf dem Neckar – wie Austern in Bratensoße.


Quelle: "Exposé"
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„Ich glaube, mich noch dunkel an den Himmel erinnern zu können“, sagte Jesus am Kreuz. „Es lohnt nicht, dafür zu leiden.“


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Mitschreiben reicht nicht. Dreinschreiben müsste man!


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Die Würfel sind geworfen. Aber man weiß schon jetzt, dass sie wenigstens eine Eins und höchstens eine Sechs zeigen werden.


Quelle: "Exposé"
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Letzter Satz meiner Urkunde aus dem Jahre 1941: "Sonstige für die Abstammung wichtige Angaben: –." Statt des Striches hätte dort auch "Jude" stehen können. Dann schriebe ich dies hier nicht.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Ich habe schon eine Menge Anmerkungen beisammen. Wenn ich Zeit finde, schreibe ich auch noch einen passenden Text dazu, es sei denn, ein Verleger wäre bereit, nur die Anmerkungen zu drucken. Da sind ein paar ganz köstliche, abgelegene und kuriose Sachen dabei.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Jesus war kein Christ. Da er kein Mitglied der allein seligmachenden Kirche war, wird er in der Hölle schmoren.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Langsam beginne ich zu begreifen, weshalb so viele Menschen beim Älterwerden zu vergreisen scheinen. Das Hauptproblem beim Altern ist ja, dass man jung bleibt, während gleichzeitig die Sinne, die Beweglichkeit und die Gesundheit nachlassen. Diesem Drama kann man wenigstens dadurch ein Stück weit aus dem Weg gehen, dass man so tut, als altere auch die Seele.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Etwas Richtiges gesagt zu haben, gewährt noch keine Befriedigung.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Zwei Menschen wohnen ganz unterschiedlich weit entfernt voneinander.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Wenn zwei schweigen, weiß man nicht, wer von beiden der Dümmere ist. Möglich, dass es beide sind.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Die wahre Trauer wäre eine Trauer ohne Grund.


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart

Wunschlos glücklich sein? Wie lange hält dieser Zustand denn an? Wie lange? Wie kurz!


Quelle: "Exposé"
© Norbert Wokart